Für den Welpen bedeutet der Eintritt in die sozial-sensible Phase, dass sich ab jetzt ein komplett neuer Lebensabschnitt öffnet... Wie aufregend!


Beitrag: N. Appelt - aktualisiert 2022

Die sozial-sensible Phase

Die sozial-sensible Phase ist ein intensiver und von Eigenmotivation gesteuerter Lebensabschnitt. Diese Entwicklungsphase startet mit der ca. 3. Lebenswoche nachdem sich die Sinnesorgane langsam auf die Außenwelt vorbereiten und öffnen. Sie endet mit dem Eintritt in die juvenile Phase, d.h. mit der Pubertät. Der Übergang kann je nach Größe, Rasse und Umwelt unterschiedlich sein. Im Durchschnitt spricht man in der Fachwelt von der ca.16. bis ca. 20. Lebenswoche. Nachdem sich die Sinnesorgane geöffnet haben, beginnen die Welpen in kleinen Schritten, sich mit ihrer direkten Umwelt zu beschäftigen. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt und beinhaltet viele neue Lernerfahrungen. Auch hier hat die Evolution mitgedacht, denn die Welpen brauchen keinen „Gute Laune Akteur“, damit dieser Prozess so positiv und motiviert wie möglich abläuft. Sie spielen, um zu lernen. Sie lernen, um zu überleben.


Sozialisation

Sozialisation beschreibt die Gewöhnung an die belebte Umwelt. Im Gehirn bilden sich so genannte „Spiegelneuronen“, damit die Welpen ihre Rudelmitglieder, also ihre Familie, wiedererkennen. Alle Eindrücke werden von Gefühlen begleitet und bilden die Grundlage für das weitere Leben. Deshalb ist es jetzt wichtig, dass sich der Welpe mit seiner Mutter und seinen Wurfgeschwistern, dem zukünftigen Sozialpartner Mensch und anderen Lebewesen beschäftigt und diese auf vielfältige und positive Weise kennen lernt. Alles Lebendige, das im Umfeld kreucht und fleucht, wird erforscht und gehört zum normalen Leben. Neben der sozial aktiven Lernphase, findet parallel bereits eine sogenannte Habituation (Gewöhnung) statt.

Habituation

Dieser Begriff umfasst die Erkundung und Gewöhnung an die unbelebte Umwelt. Gegenstände und Geräusche werden intensiv erkundet und das dadurch ausgelöste Gefühl dauerhaft gespeichert. Für uns Menschen sind viele Umweltreize ganz normal und lösen keine Reaktion mehr aus, weil sie zur menschlichen Welt gehören. Für Welpen ist die Infrastruktur des Menschen noch gewöhnungsbedürftig, sie müssen sie erst durch Erfahrung kennen lernen.

In der sozial-sensiblen Phase packt der Welpe also seinen Koffer für das gesamte Leben. Die Erfahrungen, die in dieser Lebensphase gemacht werden, gelten als Sicherheitsreize und dienen immer wieder als Vergleichsmaßstab.

Von der vorgeburtlichen Phase bis ca. zur 8. Lebenswoche liegt die Entwicklung des Welpen in den Händen des Züchters oder in den Lebensumständen, in die er hineingeboren wird. Wenn du dich für einen Welpen vom Züchter entschieden hast, kannst du dir schon vorher ein Bild davon machen, wie er aufwächst und welche Unterschiede zu seinem zukünftigen Zuhause bestehen. Ein Hund, der auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, wird es schwer haben, sich plötzlich in einer Großstadt entspannt und lernwillig zu zeigen. Er braucht Anknüpfungspunkte, die er bereits als positiv und sicher erlebt hat.


Dein Welpe zieht ein

Endlich ist es so weit und dein neues Familienmitglied ist eingezogen. Es gibt kaum etwas Schöneres, als einen Welpen dabei zu beobachten, wie er seine neue Welt entdeckt und sein neues Zuhause erkundet. Jeder kleine Schritt, jede Entdeckung erfüllt das Herz mit Freude. Es ist der Beginn einer unvergesslichen, lebenslangen Freundschaft zwischen Mensch und Hund. 

Bei aller Freude und Begeisterung kommen manchmal auch Zweifel auf. Wahrscheinlich hast du schon einige Fachbücher gelesen und weißt, dass in den nächsten Wochen viel Arbeit auf dich zukommt, um deinem Welpen alles beizubringen, was er für sein zukünftiges Leben braucht. 

Du fragst dich, ob du deinen neuen Begleiter auch wirklich verstehen und richtig erziehen kannst. Denn schließlich möchtest du ihm ein bestmögliches Leben bieten und ihn zu einem entspannten und glücklichen Hund erziehen.


Harmonisches Zusammenleben: Wie die ersten 8 gemeinsamen Wochen die Beziehung zwischen Mensch und Hund beeinflussen

Die Genetik deines Welpen gibt ihm gerade vor, dass es jetzt Zeit ist, sich auf das weitere Leben bestmöglich vorzubereiten. Um sich seiner Umwelt anpassen zu können, wird er diese sehr aufmerksam und genau erkunden. Er wird nun durch Beobachten und Ausprobieren lernen, was richtig und was falsch ist. So weit, so gut. Aber es gibt noch einen wichtigen Punkt, der hier erwähnt werden muss: Der Hund ist ein Hund und kein Mensch. Auch wenn die meisten Grundbedürfnisse von Mensch und Hund übereinstimmen, sind die Verhaltensweisen des Hundes, um diese zu erreichen nicht mit unseren identisch. So duldet ein Hund in einem geschlossenen Rudel keinen "Besuch" in seinem Revier, er teilt sein Futter nicht mit anderen, und wenn ihm etwas nicht gefällt, teilt er dies nicht freundlich, sondern hündisch mit.


Sozial = betreffend des geregelten Zusammenlebens - sensibel = sehr feinfühlig, aufmerksam gegenüber einer Sache sein - Phase = bestimmter Zeitraum


Deine Aufgaben als Mensch und neuer Sozialpartner für deinen Vierbeiner bestehen vor allem darin, Verantwortung zu übernehmen. 

Und mit Verantwortung ist nicht nur die regelmäßige Fütterung und ein weiches Hundebett gemeint, sondern der soziale Umgang mit dem Welpen. Grundlage dafür ist eine gemeinsame Kommunikation, denn nur wenn wir die Sprache der Hunde verstehen, können wir auf ihre Bedürfnisse eingehen, Ängsten und Unsicherheiten vorbeugen und unerwünschtem Verhalten entgegenwirken. 

Durch die richtige Führung und das Setzen von Grenzen lernt dein Welpe ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das Schutz und Sicherheit bietet, aber auch Benimmregeln beinhaltet. Nur dann sind sie in der Lage, sich freundlich und sozialverträglich zu entwickeln und zu kooperieren. Je besser du deinen Welpen in der Sozialisierungsphase auf das Leben mit dir und seiner Umwelt vorbereitest, desto entspannter wird er als erwachsener Hund sein. 

In der Sozialisierungsphase geht es in erster Linie um Erziehung, nicht um Training.


Vorteile einer Welpengruppe

Wenn du zum ersten Mal einen Hund hast, ist eine gute Welpengruppe sehr hilfreich. 

Unter geschulter Aufsicht kann dein Welpe mit Artgenossen zusammenkommen und so sein Sozialverhalten festigen. Und auch du lernst, die Körpersprache der Hunde zu verstehen, richtig einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Ebenfalls wird dir gezeigt, wie du deinem Hund Grenzen setzen kannst, um unerwünschtes Verhalten zu unterbinden.

Die Bindung zu deinem Welpen wird gestärkt und das Vertrauen gefördert. Du hast einen kompetenten Ansprechpartner an deiner Seite und kannst entspannt in deine neue Rolle hineinwachsen.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Welpengruppen gleich sind und dass es darauf ankommt, dass die Gruppe von einem erfahrenen Hundetrainer geleitet wird, der auf das Wohlbefinden der Hunde achtet. Auch die Größe und Zusammensetzung der Gruppe spielt eine Rolle, da es wichtig ist, den Welpen nicht zu überfordern oder zu verängstigen.


Garantiert der Besuch einer Welpengruppe eine gute Sozialisierung?

Der Besuch einer Welpengruppe kann ein wichtiger Teil der Sozialisierung eines Welpen sein, ist aber allein keine Garantie für eine gute Sozialisierung. Eine gute Sozialisierung umfasst viele Aspekte und bezieht sich nicht nur auf den Kontakt mit anderen Hunden, sondern auch auf den Umgang mit verschiedenen Menschen, Umgebungen und Situationen. Sie erfordert eine kontinuierliche Arbeit und Einbeziehung des Welpen in das tägliche Leben und muss auch außerhalb der Welpengruppe stattfinden.


Zusammenfassung:

In der sozial-sensiblen-Phase lernt dein Welpe alles, was er für sein späteres Leben braucht. Dabei geht es nicht nur um das Training von "Sitz" und "Platz", sondern um eine liebevolle Erziehung, die ihn zu einem ausgeglichenen und glücklichen Hund macht. Nur so kann er sich in der Welt zurechtfinden und ein treuer und loyaler Begleiter werden.

Eine gute Welpengruppe kann dabei eine große Hilfe sein. Dein kleiner Freund kann sein Sozialverhalten festigen und du lernst, die Körpersprache deines Hundes zu verstehen und seine Bedürfnisse zu erkennen. Die Beziehung zwischen Mensch und Hund wird gestärkt und ein respektvolles Vertrauensverhältnis aufgebaut.


WEITERE BEITRÄGE FÜR DICH UND DEINEN HUND


Die Pubertät

Was verändert sich im Hundekörper und welche Auswirkungen hat das?

Beziehung & Bindung

Warum Bindung ohne eine gute Beziehung nicht funktioniert.

Erziehung & Training

Worin liegt der Unterschied und warum musst du ihn kennen? 


Jeden Montag eine E-Mail mit wertvollen Tipps und Tricks, wie du effektiv mit deinem Hund kommunizieren, seine Bedürfnisse erkennen und die richtigen Lerngesetze anwenden kannst.