Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Sterilisation und Kastration und was hat es mit dem Hormonchip auf sich?

Beitrag: N. Appelt - aktualisiert 2021

Sterilisation 

Die Sterilisation ist eine sehr schonende Form der Fruchtbarkeitsunterbrechung und kann sowohl beim Rüden als auch bei der Hündin durchgeführt werden. Durch diese Operation werden lediglich die Keimdrüsen unterbrochen. Bei der Hündin werden die Eileiter und bei dem Rüden die Samenleiter durchtrennt. Die Geschlechtsorgane: Gebärmutter und Eierstöcke/ Hoden beim Rüden, bleiben intakt. Der große Vorteil ist, dass sich weder das Verhalten der Hündin noch das des Rüden ändert, da nicht in den Hormonhaushalt eingegriffen wird.

Wenn z.B. eine Fortpflanzungsverhinderung durch Verordnungen gefordert wird, sollte auf die Sterilisation zurückgegriffen werden. (gesetzliche Vorgaben - "Kampfhunde" oder genetische/zuchtbedingte Gründe - nachgewiesene Erbkrankheiten)


Kastration

Bei der Kastration werden dem Rüden die Hoden und der Hündin die Eierstöcke entfernt. Bei Hündinnen gibt es auch die sogenannte Totaloperation, bei der neben den Eierstöcken auch die Gebärmutter entfernt wird. Eine sehr umfangreiche OP. Im Vergleich zur Sterilisation entfällt die Produktion von Sexualhormonen. Dieser Wegfall führt zu einer sogenannten Umverteilung der anderen Hormone und hat somit weitreichende Konsequenzen für das Verhalten.

Bitte beachte, dass jeder Hund individuell ist und dass die Vor- und Nachteile einer Kastration je nach Rasse, Alter und Gesundheitszustand des Hundes unterschiedlich sein können. Es ist am besten, die Vor- und Nachteile einer Kastration mit einem Tierarzt zu besprechen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können.


Hormonchip

Durch das Einsetzen eines Implantats wird dem Hund ein Überschuss des Hormons GnRH zugeführt. Nach einer kurzzeitigen Überproduktion von GnRH und der anschließenden Produktion von Testosteron werden alle Sexualhormone auf ein Minimum herunterreguliert. Dieser hormonelle Zustand kommt dann einer chirurgischen Kastration gleich. Durch den so genannten Chip wird ein Wegfall der Sexualhormone stimuliert. Der Rüde hat somit kein sexuell motiviertes Verhalten, kein Testosteron und keine Samenproduktion. Die chemische Kastration kann derzeit nur bei Rüden durchgeführt werden, doch an einer Variante für Hündinnen wird aktuell ebenfalls gearbeitet. 

Steht die Frage nach einer Kastration im Raum, ist der Hormonchip eine gute Entscheidungshilfe. Liegt störendes Verhalten wirklich an einer Überproduktion von Sexualhormonen oder sind Erziehung und Training der Schlüssel?


Die Entscheidung MUSS gut durchdacht sein:

Einen Rüden oder eine Hündin einfach so kastrieren zu lassen, damit sie nicht mehr läufig wird oder der Rüde vermeintlich weniger aggressiv ist, ist KEINE Grundlage für diese Entscheidung! Der Wegfall der Sexualhormone hat weitreichende Auswirkungen auf das Verhalten und nur in den seltensten Fällen etwas mit Aggression zu tun. Hier liegt der Fehler meist in der Erziehung. 

Die Hormone Testosteron und Oxytocin dienen nicht nur dem Sexualverhalten, sondern auch dazu, eine bestimmte Position im sozialen Gefüge zu erreichen und zu halten. Das gibt Selbstvertrauen und dient einem entspannten Umgang mit der Umwelt.


Wirkliche Gründe für Kastration:

Es gibt Rüden, die sind in der Nähe von Hündinnen kaum ansprechbar. Sie fressen nur wenig, jaulen und manchmal kommt es sogar zu depressiven Verstimmungen. Draußen stehen sie förmlich unter Dauerstress und manche neigen in gemischten Gruppen auch mehr zu aggressiven Verhaltensweisen. In diesem Fall leidet der Hund wirklich und eine Kastration kann in Betracht gezogen werden.

Bei Hündinnen ist die Situation etwas anders, hier kann es zwar auch während der Läufigkeit zu erhöhter Aggressivität kommen, das größere Problem ist jedoch die Scheinträchtigkeit mit ihren extremen Symptomen. Diese zehren nicht nur an den Nerven der Hündin, sondern stellen auch ein gesundheitliches Risiko dar. Auch hier kann über eine Kastration nachgedacht werden.

Es ist gut, wenn eine notwendige Kastration bis zum ca. zweiten Lebensjahr rausgezögert werden kann. Bei der Hündin wird eine Kastration nach der zweiten Läufigkeit empfohlen. (Aus medizinischer Sicht ist der Anöstrus der beste Zeitpunkt für eine Kastration der Hündin.) Der Grund dafür ist, dass sowohl der Rüde als auch die Hündin bereits Zeit hatten, ihre körperliche und vor allem emotionale Entwicklung abzuschließen.


Es ist wichtig, mit deinem Hundetrainer und einem Tierarzt zu sprechen, um die beste Entscheidung für deine Hündin oder deinen Rüden zu treffen.




Gut zu wissen, der §6 des Tierschutzgesetztes


§ 6 des Tierschutzgesetzes lautet:

(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn

1. der Eingriff im Einzelfall

a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist oder

b) bei jagdlich zu führenden Hunden für die vorgesehene Nutzung des Tieres unerlässlich ist und tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen.

5. Zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Was der § 6 nun bedeutet:

1a) Dieser Absatz besagt, dass Gewebe/Extremitäten eines Wirbeltieres nur dann entfernt oder amputiert werden dürfen, wenn es sich um ein nachweislich erkranktes Organ oder Gewebe handelt. Die vorbeugende Entfernung von Organen ist verboten.

 1b) Ausgenommen sind Tiere, die im Rahmen ihrer Zweckbestimmung aktiv sind und sich dabei selbst verletzen können. Beispiel: Jagdhunde, die sich an der Rute verletzen können, da sie für die kommerzielle Jagd eingesetzt werden. 1b bezieht sich also auf das Kupieren der Rute.

5. Da eine Kastration weitreichende Verhaltensveränderungen zur Folge hat, gilt das diese immer als Einzelfall - durch einen Tierarzt bewertet werden muss.


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